Internationaler Männertag: Zeit für eine neue Männlichkeit
Männer definieren ihre Identität über andere Männer – Frauen definieren ihre Identität über andere Menschen. Die männliche Initiation erfolgt als schmerzbehaftete Leistung – Die weibliche Initiation erfolgt als ein Feiern. Männer neigen zur Hordenbildung (möglichst eine einzige große) – Frauen neigen zu Grüppchen (mehrere).
Für Männer ist Kommunikation ein Machtinstrument – Für Frauen ist Kommunikation ein Instrument der Verbindung. Männer streben nach Hierarchien – Frauen streben nach Bindungen. Männer suchen Distanz – Frauen suchen Nähe. In der Horde gelten nur die Gesetze der Horde. Die Gesetze außerhalb der Horde sind bedeutungslos. Männer konkurrieren um den Platz innerhalb der Horde. Das Sich-Durchsetzen erfolgt via Lautstärke und Nachdruck.
»Sei ein Mann!« lautet die Aufforderung an jeden Mann. Den Beweis erbringt der Mann mittels Leistung. Ob die Leistung ausreicht, entscheiden andere Männer.
Konkurrenz, Leistung, Druck, Verdrängung, Hierarchie, Abstand, Macht, Verengung, Schmerz.
Wer diese Aspekte als Wesensmerkmal von Männlichkeit begreift, kann gar nicht anders, als andere Aspekte zu leugnen, abzuspalten und zu verdrängen – und dies auch von anderen Männern zu verlangen.
Der Mann, der das nicht tut, läuft Gefahr, sich Etiketten einzuhandeln wie:
Weichei, Nice Guy, Schwuchtel, Bubi, Mädchen, Schlappschwanz, Loser, Versager.
Am 19. November feiert die Welt den Internationalen Männertag. Sein Ziel ist es, „das Augenmerk auf Männer- und Jungen-Gesundheit zu legen, das Verhältnis der Geschlechter zu verbessern, die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern und männliche Vorbilder hervorzuheben. Es ist ein Anlass, um Benachteiligungen von Männern und Jungen aufzuzeigen und ihren Einsatz für die Gemeinde, Familie, Ehe und Kinderbetreuung zu würdigen.“ (Wikipedia).
Es ist klar, dass ein Mensch, der sich zentrale Aspekte des Menschseins versagt, auf Dauer kein gesunder Mensch sein kann.
Absichtslosigkeit, das Weiche, Gerundete, Fließende, Flüssige und Schmiegsame. Umsorgender, nährender, bewahrender Existenzvollzug. Kooperation und Gemeinschaft. Verbindung und Kommunikation. Nähe und Intimität. Loslassen und Hingabe. Zärtlichkeit und Fürsorglichkeit.
All diese Aspekte schreiben wir gemeinhin Frauen zu, aber natürlich sind sie nicht an das Vorhandensein einer Vulva oder von Eierstöcken gebunden. Auch Menschen mit einem Schwanz oder mit Hoden können diese Aspekte in sich ausbilden und kultivieren.
Wie kann das gelingen?
Wie können wir Jungen den Boden bereiten, dass sie als Mann eine Chance auf mentale Vollständigkeit haben und nicht darauf angewiesen sind, sich die Hälfte des Menschseins durch den Besitz einer (Ehe-) Frau zu sichern?
Wie können wir als Männer dafür sorgen, dass unser Seelenheil nicht allein davon abhängig ist, dass wir den Platz in unserer Horde behalten (insbesondere Arbeitsplatz).
Am Ende wird es darauf hinauslaufen, dass unsere Söhne mit ganz viel Vater, mit ganz viel Mann aufwachsen. Das muss nicht nur der leibliche Vater sein. Hauptsache, es gibt eine inspirierende Fülle Männlichkeit, die dem heranwachsenden Jungen Schutz, Orientierung, Herausforderung, Liebe und Respekt anbietet. Und zwar jeden Tag. Körperlich spürbar. In direktem Kontakt. Sinnlich, schmutzig, feingeistig, humorvoll, kantig, verrückt, verlässlich.
Damit Männer die Zeit haben, diesen Liebesdienst an ihren und anderen Söhnen zu vollziehen, brauchen wir Strukturen, die ihnen erlauben, mehr zu Hause zu sein bzw. mehr Zeit für Care-Arbeit und ehrenamtliches Engagement aufzuwenden.
Damit die Männer mehr zu Hause sein können, müssen ihre Frauen mehr verdienen. Am Ende tun sich die Männer also selbst den größten Gefallen, wenn sie endlich damit aufhören, Frauen eine Gender Pay Gap zuzumuten.
Am Ende landen wir so beim Feminismus, und zwar bei dem Feminismus, der in Liebe darauf setzt, die Welt gemeinsam mit den Männern und allen anderen Geschlechter zu verbessern.
Es gäbe einen grandiosen Nebeneffekt einer solchen Entwicklung: Extremisten aller Art – seien sie muslimischer oder nationalsozialistischer Färbung, seien sie Sexisten oder Rassisten, Anhänger fragwürdiger Ideologien, verängstigte Rechthaber, bedürftige Machtstreber oder Vergewaltiger und Frauenhasser – würden wir Männer den Nährboden entziehen. Extremisten benutzen Jungen und junge Männer, die keine oder schlechte Väter hatten um ihre zerstörerischen Absichten umzusetzen. Extremisten versprechen Respekt, Gemeinschaft und Selbstwirksamkeit. Ein Junge, der das nicht vom Vater oder in einem väterlichen Umfeld erfahren durfte, ist leichte Beute für die Schlächter dieser Welt.
Also Männer! Nehmen wir uns die Freiheit, so zu uns zu stehen und und andren zu zeigen, wie wir sind. Mit all unseren Facetten. Auch mit denen, die irgendjemand irgendwie unmännlich findet (oder früher mal fand). Für uns, für unsere Söhne, für alle Jungen und Männer dieser Welt. Howgh!